Noch lustig oder schon gefährlich? Challenges im Internet
Mit der „Ice Bucket Challenge“ fing es im Sommer 2014 an: Menschen filmten sich dabei, wie sie sich gegenseitig einen Eimer Eiswasser über den Kopf schütteten. Anschließend wurde das Video bei YouTube hochgeladen oder per WhatsApp an Freund*innen und Bekannte verschickt, die dann selbst an der Reihe waren. Diese Challenge hatte einen wohltätigen Zweck, denn so sollte auf die seltene Nervenkrankheit Amyotrophe Lateralsklerose aufmerksam gemacht werden. Zehntausende machten mit, darunter auch Prominente wie Mark Zuckerberg oder Bill Gates.
Riskante Mutproben
Seitdem sind Mutproben im Netz überall zu finden, einen (guten) Zweck braucht es meistens nicht. Stattdessen gibt es zahlreiche Herausforderungen, die oft ziemlich sinnlos und leider zum Teil sehr gefährlich sind. Hier einige Beispiele:
- Bei der „Ice and Salt Challenge“ bestreut man die Haut mit Salz und legt dann einen Eiswürfel darauf, was sehr schmerzhaft sein soll.
- Bei der „Kylie Jenner Challenge“ (benannt nach einer Prominenten aus den USA) geht es darum, sich die Lippen durch Unterdruck in Gläsern oder Flaschen aufzupumpen, was zu Aufplatzen und schweren Entzündungen der Lippen führen kann.
- Die „Banana and Sprite Challenge“ – man isst zwei Bananen und trinkt dann eine Dose Sprite – endet zwangsläufig mit Erbrechen.
- Bei der „Duct Tape Challenge“ lassen sich die Teilnehmer*innen mit Klebeband zuschnüren und müssen sich anschließend selbst von ihren Fesseln befreien. Dabei haben sich einige schwer verletzt, weil sie stürzten und sich nicht abstützen konnten.
- Und die „Cinnamon Challenge“ ruft dazu auf, einen Löffel voll Zimt zu schlucken. Der Körper reagiert darauf, indem alles in einer großen Zimtwolke wieder ausgespuckt wird. Ein Junge aus Holland fiel dadurch ins Koma.
Harmlose und trotzdem witzige Alternativen
Lustig ist das nicht mehr. Ihr solltet deshalb kritisch hinterfragen, welche Challenges Ihr Euch ansehen und damit unterstützen wollt. Durch Likes werden die Akteur*innen solcher waghalsigen Experimente nur angestachelt, weiter zu machen. Vom Nachahmen raten wir ganz klar ab. Bringt euch und andere nicht unnötig in Gefahr!
Und es gibt Alternativen: So zum Beispiel die völlig ungefährliche „Flachwitz Challenge“, wo man sich gegenseitig banale Witze erzählt und derjenige verliert, der zuerst lacht. Steigern kann man das, wenn beide Wettstreiter*innen noch den Mund mit Wasser füllen. Weit verbreitet war 2016 auch die „Mannequin-Challenge“, wo es darum ging, nicht zu blinzeln. Teilnehmer*innen nehmen sich dabei auf, wie sie möglichst lange stillhalten – wie eine Schaufensterpuppe. Das Ganze soll wie ein Standbild wirken, obwohl das Video weiterläuft.
Aufmerksamkeit um jeden Preis
Fest steht: Mutproben hat es immer schon gegeben. Neu ist allerdings, dass diese nun von jedem immer und überall verbreitet und von Tausenden im Netz bewundert, belächelt oder eben auch abgelehnt werden können. (Hier besteht übrigens auch die Gefahr von Cybermobbing.) Viele tun für ein paar Likes immer gefährlichere Dinge. Grenzen werden immer häufiger überschritten. Viele Menschen wollen auffallen – manchmal um jeden Preis. Und dafür muss man sich von der Masse abheben. Ernstgemeinte Warnungen vor gefährlichen Challenges gibt es kaum. Stattdessen werden Fails (Challenges, die schief gelaufen sind), ebengalls ins Netz gestellt. Und diese bekommen manchmal sogar mehr Klicks und Likes als die gelungenen Challenges. Schadenfreude hat im Netz offenbar ein großes Publikum. Und dadurch, dass man die Person vor der Kamera nicht kennt, sinkt das Mitgefühl.
Gegenbewegungen
Dabei kann man Anerkennung doch viel eher durch positive und sinnvolle Aktionen als durch selbstgefährdendes sinnloses Verhalten bekommen. Und zum Glück gibt es auch immer wieder Anti-Aktionen zu bestimmten Challenges, insbesondere zu den bedenklichen und gefährlichen. Eine repräsentative Umfrage des Meinungsforschungsinstituts YouGov fand heraus, dass mehr als 60 Prozent der Deutschen Challenges nervig finden. Nur 30 Prozent der Befragten meinten, sie seien unterhaltsam. Gut 70 Prozent antworteten, dass Challenges sie nicht interessierten. Vielleicht haben wir es also eher mit einem kurzen Trend zu tun. Wir freuen uns auf einen neuen und vor allem sinnvolleren. Vielleicht steht dann ja auch mal wieder ein guter Zweck im Mittelpunkt!
Quellen:
www.tagesspiegel.de/weltspiegel/sonntag/kolumnen/kolumne-leber/daemliche-challenges-im-internet-zimt-und-zuckerberg/12989498.html (Stand: 06.01.2016)
www.abendblatt.de/hamburg/von-mensch-zu-mensch/article208085615/Mutproben-im-Internet.html (Stand: 06.01.2016)
www.bild.de/byou/2016/mutprobe/diese-challenges-kosten-dich-dein-leben-44239846.bild.html (Stand: 06.01.2016)
www.stern.de/digital/online/jahresrueckblick-2016--die-top-ten-der-netz-challenges--7231338.html (Stand: 06.01.2016)